Ufowolken und ein bisschen Hippie

 

 

Entspannt sitze ich am Strand des von Bergen umgebenen Sees und beobachte schon seit mehreren Minuten das kleine Wölkchen, das ganz langsam über den blank geputzten Himmel zieht. Ich weiß nicht wo es herkommt oder wo es hinwill, aber es scheint ein Ziel zu haben. Langsam aber stetig immer weiter Richtung Norden. So wie ich auch.

Noch immer bei Regen war ich am frühen Morgen aus Villa Santa Lucia losgefahren, habe die Carretera hinter mir gelassen, nur um mich auf mindestens ebenso schlechter Piste 76 km nach Futaleufú zu kämpfen. 30 km vor meinem Ziel arbeitete ich mich langsam aus dem dichten Wald und dem Regen heraus in ein höher gelegenes Tal. Die Vegetation war etwas trockener entsprechend kam auch endlich wieder die Sonne zum Vorschein. 3 Nächte verbrachte ich im sehr empfehlenswerten Hostal „Las Natalias“, meiner bisher besten Unterkunft mit sehr netter Hausmutter aus Virgina. Sie hatte ich entlang der Strecke bei einem Kayakwettbewerb, an dem ihr Sohn teilnahm, kennengelernt und wurde von ihr eingeladen ein paar Tage in ihrem Hostal (eigentlich das ihres Sohnes) zu verbringen. So entspannte ich einen Tag im Hostal, wusch den Staub der Carretera aus meiner Kleidung und faulenzte in der Sonne. Am nächsten Tag stand dann Rafting auf dem Programm. Meine Erwartungen waren natürlich hoch, wurden aber schon am Anfang gebremst, als mir gesagt wurde, dass der Fluss jetzt zum Ende der Saison nur noch Niedrigwasser führe. Alles in allem wurde es dann aber doch ein schöner Ausflug, auch wenn ich leider nicht wie zwei meiner Kollegen über Bord ging und das Boot leider auch nicht kippte, so waren doch ein paar Stromschnellen der Klasse V dabei, in deren rauschenden Schlund es tief hinab ging und deren weiß aufstiebende Gischt das Boot überspülte und alle ordentlich nass machte. Zwischen den Stromschnellen konnte man das wundervolle Panorama der umgebenden Landschaft aus Wald, Bergen und Gletschern, sowie das tiefe Blau des gleichzeitig glasklaren Flusses genießen. Wundervoll!

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Blick zurück in die Berge

Aber genug relaxed! Wieder ab aufs Rad! Ich bin ja nicht zum Spaß hier! 10 km hinter Futaleufú wechselte ich mal wieder auf die argentinische Seite der Anden. Die Landschaft wurde nochmal trockener und mit jedem Kilometer in Richtung Osten nahm die Vegetation weiter ab. Faszinierend der Blick zurück, der in der Ferne noch die dichten Wälder und weiß leuchtenden Gletscher erkennen ließ. Kiefern säumten nun meinen Weg, die in Kombination mit dem heißen, sandigen Boden einen herrlichen Duft nach Urlaub verströmten. Im ersten Städtchen tobte ich mich dann erstmal im Supermarkt aus, fuhr von Trevelin aber noch 30 km weiter in die sympathische Stadt Esquel. Richtig urban ging es hier zu. So erlebte ich das erste Mal auf meiner Reise dichten Verkehr zwischen Trevelin und Esquel. Bei der Einfahrt in die Stadt kam ich an Tennisanlagen und modernen Ferienhäusern vorbei. Die jungen Einheimischen trainierten im modernen Synthetik- Sportdress auf dem Trimdichpfad und das ein oder andere schöne Auto überholte mich. Hier war eindeutig mehr Geld vorhanden und es war klar, dass hier eines der Hauptferiengebiete Argentiniens begann. Eine Atmosphäre, die ich nach der abgeschiedenen Einsamkeit der Carretera Austral sehr genoss.

Hinter Esquel ging es am nächsten Tag dann langsam aber stetig auf über 1000 m hinauf. Der Duft der letzten Kiefern verlor sich und wurde abgelöst vom intensiven Duft nach Wildkräutern und Kamille, die als eine der wenigen Pflanzen hier in der Trockensteppe der argentinischen Pampa überleben. 5 Liter Wasser transportierte ich zusätzlich zu meinen Trinkflaschen den Berg hinauf. P1080525Trotz der vermeintlichen Eintönigkeit der Steppe, begeisterte mich die Landschaft mit ihrer hügeligen Weite zu meiner Rechten und ihrem Ausblick auf trockene Berge mit wechselnden Formen und Farbtönen von Grau über Ocker, Gelb bis Orange. Nach all dem Grün und Wald der vergangenen Wochen muss ich feststellen: Ich bin ein Wüstenfan! Im Tagesverlauf näherte ich mich den Bergen wieder mehr an und in der Ferne erblickte ich zartes Grün, das sich den Berg in einem schmalen Streifen hinauf zog, oder vielleicht auch gleich einer Lebensader, von einem kleinen Bach genspeist und genährt hinabfloss. Wie eine schmale, 50 Meter breite, langgezogene Oase. Es ist doch erstaunlich, was kleines Bisschen des kühlen Nass bewirken kann. Die essenzielle Grundlage alles Lebens, wie einem hier eindrucksvoll vor Augen geführt wird. Je weiter ich mich den Bergen näherte, desto häufiger wurden diese grünen Oasen, bis schließlich wieder der erste Wald vorsichtig die Hänge bedeckte. Als ich endgültig nach Westen abbog, säumten Monokulturen von Kiefern den Weg, die wieder ihren angenehmen Duft verströmten. Über mir die hier in Patagonien so häufig beobachteten lentiformen Wolken, die wie Ufos in der Luft hängen.

Weiter geht es in das Tal von El Bolsón. Die Vegetation nimmt schlagartig wieder zu und überall wird lokal angebautes Gemüse angeboten. Die Namen der Höfe beginnen hier oft mit Shakra-… oder ähnlichen Namen und kündigen die nahe „Hippie Stadt“ El Bolsón an. P1080577Wirkliche Hippies findet man hier aber nicht. Lediglich im Zentrum gibt es einen kleinen Markt, auf dem sich teils langhaarige Männer zur Trommelei treffen, selbst produziertes von jungen „Künstlern“ verkauft wird und sich Dreadlocks tragende Leute treffen, die einen alternativen Lebensstil propagieren. Insgesamt entsteht der Eindruck einer künstlichen Aufrechterhaltung oder Zelebrierung einer Bewegung, die die meisten nicht selber miterlebt haben und deren in den Medien transportierten Bildern und Idealen sie nacheifern. Eingefroren, erstarrt in einer lang vergangenen Zeit. Wenig authentisch und teils gewollt wirkend, touristisch aufgezogen. Mir gefällt dieser auch ansonsten recht runtergekommene Ort überhaupt nicht und so fahre ich weiter, um am Fluss mein Zelt aufzubauen, im Fluss zu baden und im Anschluss ganz bequem schon am Nachmittag in meinen Schalfanzug zu schlüpfen. Mein ganz persönlicher Hippiemoment und in Kombination mit den entlang des Straßenrandes gepflückten Brombeeren, die hier in Massen wachsen und aus denen ich meinen eigenen Brotaufstrich (mit Avocado als Grundlage, durchaus zu empfehlen) gemacht habe, wurde es zu meinem ganz persönlichen Hippietag.

Am darauffolgenden Tag arbeitete ich mich aus dem Tal auf wieder fast 1000 m hinauf, genoss einen Kaffee in einem sehr coolen Café, das mit viel Liebe zum Detail von einem jungen Argentinier aufgebaut undP1000448 eingerichtet worden war, der hier in alleiniger Handarbeit seinen Traum verwirklicht. Das ganze mit fantastischem Ausblick über Wälder und Berge. Im Anschluss eine tolle Abfahrt 13 km ins Tal und direkt im Anschluss 14 km den Berg wieder hinauf auf über 1000 m Höhe. Oben gab es dann erstmal ein verdientes Gipfel Mars, bevor es durch allerschönste Landschaft bis an besagten See ging, an dem ich nun eben saß und jene Wolke beobachtete. Wie wunderbar! Nach all dem Grün und Wald der vergangenen Wochen und dem Ausflug in die Wüste muss ich feststellen: Ich liebe die Abwechslung! Entspannt radelte ich am nächsten Tag dann die verbliebenen 30 km nach Bariloche. Der Schokoladenhauptstadt Argentiniens. Wer mit der Südamerikanischen Geographie nicht ganz so vertraut ist, für den nun noch ein Bild wo ich mich aktuell befinde und für die, die sich fragen wie immer wieder die Berichte entstehen.

Nun… manchmal habe ich einfach in einer gemütlichen Kneipe ein paar Bier zu viel getrunken, frage nach Stift und Papier und fange an zu schreiben…P1080690

 

 

Den nächsten Bericht gibt es dann voraussichtlich erst in zwei bis drei Wochen wieder. Dann aus Santiago de Chile. Bis dahin…

6 thoughts on “Ufowolken und ein bisschen Hippie”

  1. sehr schön! Ich hoffe, deine Drohne funktioniert wieder! Gute Weiterfahrt und viel Sonne wünsche ich dir!

    1. Danke. Drohne funktioniert leider weiterhin nicht. Hoffe das löst sich bald

  2. I Will be in él bolsón and bariloche in 2 weeks ! Beautifull places !

  3. DAs Butterbrot mit der neuen Kration des Aufstrichs sieht ja lecker aus. Kannst ja den Aufstrich patentieren lassen… Ich werde es mal probiern, meine das REzept. Hoffentlich bringst Du du die Drohne wieder in Gang. Weiterhin alles Gute und einen guten Schutzengel

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