… oder: „Der Wow Effekt“, … oder: Cordero Libre- wenn der Kellner dezent auf die Salatbar hinweist … , oder: wenn du am letzten Bissen zwei Minuten kaust, weißt du es ist Feierabend. Das hörte sich dann aber doch zu unappetitlich an und unappetitlich war es ganz und gar nicht!
Diese möglichen Überschriften fassen den letzten Abschnitt meiner Reise ganz gut zusammen. Ohne Wind brach ich von Puerto Natales auf, überquerte die Grenze bei Cerro Castillo in Richtung Argentinien, dazwischen 15 km Schotter, wovon ich kein Fan bin, aber ich werde wohl noch genug Gelegenheit haben mich mit diesem Belag anzufreunden. Dann nochmal 40 km bis Tapi Aike, bestehend aus einem Polizeiposten, einer Tankstelle und einem Straßenbauposten. Hier durfte ich in einem Bauwagen der Straßenmeisterei übernachten. Nicht wohnlich, aber es gab Strom und eine Matratze, über die ich lieber jedoch noch meine eigene Isomatte legte. Am nächsten Tag fuhr ich dann einen Umweg von 80 km auf gutem Asphalt, um eine Schotterpiste von 70 km zu umfahren. Nach knapp 120 km erreichte ich eine Estanzia, in deren Garten ich mein Zelt für die Nacht aufstellen konnte. Der darauffolgende Tag brachte nun leider wieder Gegenwind, von dem ich die letzten Tage weitestgehend verschont geblieben war. So stand ich nach knapp 20 km dann leicht frustriert für eine halbe Stunde am Straßenrand und futterte gesalzene Erdnüsse. Was für ein skurriles Bild das für Vorbeifahrende gewesen sein muss. Da steht ein Radfahrer irgendwo im Nirgendwo, weitab jeglicher Zivilisation und isst Erdnüsse. Ich raffte mich nochmal auf und strampelte weitere 10 km gegen den Wind bis zu einem Straßenbauposten, wo schon andere Radfahrer saßen, legte im Windschatten meine Mittagsrast ein und ließ es dann für den Tag gut sein. So baute ich halbwegs windgeschützt mein Zelt auf und genoss den Nachmittag bei Körnchenkaffee und Keksen mit Blick auf die Weiten der Pampa. 1 Uhr nachts. Wirklich geschlafen hatte ich noch nicht, aber der Wecker klingelte. Früh wollte ich heute los um dem Wind zu entgehen, aber nachdem ich mich angezogen hatte und zum Windcheck um die Hausecke ging, blies mir immer noch eine stramme Briese entgegen. Also zurück ins Zelt. Am Morgen kam der Wind dann zum Glück nur noch von der Seite und ich arbeitete mich langsam vorwärts. Dann der „Wow Effekt“. Nach knapp 40 km erreichte ich hinter einer Kuppe plötzlich den Rand des Plateaus, auf das ich mich schon seit dem Vortag stetig hochpedalte. Der Blick war plötzlich frei auf das 600 m tiefer liegende Tal. Es war fast wie in einen Minicanyon zu schauen und in der Ferne konnte man schon die markanten Zacken des Cerro Fitz Roy erkennen. Die nun folgende, eigentlich verdiente Abfahrt über 8 km war leider dann nicht so rasant wie erhofft. Je nach Ausrichtung der Straße wurde man mit Gegenwind trotz Tretens und deutlicher Abwärtsinklination des Rades auf 10 Km/h abgebremst. Welche Schande um die zuvor erstrampelten Höhenmeter…
Im Tal, nach weiteren 5 km beschloss ich die restlichen 40 km nach El Calafate am frühen Morgen des nächsten Tages ohne Wind zu fahren und fragte am einzigen Haus am Straßenrand, ob ich dort im Windschutz mein Zelt aufbauen dürfe. Da der Sohn aber ohnehin auf dem Weg in die Stadt war, bot er mir stattdessen an mein Fahrrad auf die riesige Ladefläche seines Pick – Ups zu laden und mich nach El Calafate mitzunehmen. Ich überlegte kurz, schlug das Angebot aber dann doch nicht aus und gelangte so sehr entspannt bis zu meinem Campingplatz. Hier freute ich mich nach 4 Outdoor Tagen wieder über die warme Dusche.
An den Campingplatz angeschlossen war ein sehr gutes Grillrestaurant. Hier gönnte ich mir mein erstes richtige Asado. Ich entschied mich für das landestypisch gegrillte Lamm, Cordero, und zwar in der Version Cordero Libre- All you can eat. Sehr lecker und heiß brutzelnd wurde das frisch gegrillte Fleisch an den Tisch geliefert. Spitze! Nach der zweiten Nachbestellung wurde ich dann vom Kellner dezent darauf hingewiesen, dass das Salatbuffet auch im Preis inbegriffen sei. Ich schmunzelte nur, denn ich bin ja kein Anfänger, ging dann aber doch zum Salatbuffet um mich etwas zu bewegen und damit das Essen sich ein wenig setzen konnte. Nach 3 h, bis zum Anschlag gesättigt verließ ich das Restaurant. Im Anschluss war ich mit meinen chilenischen Zeltnachbarinnen in der Stadt auf ein paar Drinks und Karaoke verabredet. Mehrfach versuchte ich zu erklären, dass ich nicht singen könne und ich mit meinem Pisco Sour vollkommen zufrieden sei für den Abend, aber es half nichts. Auch mein Name landete in der Box und zusammen mit einem zweiten Tischgenossen stand ich eine halbe Stunde später auf der Bühne und gab „Is this love?“ von Bob Marley zum besten. Den Song hatten die Mädels für mich ausgesucht.
Nach nur zwei Stunden Schlaf klingelte schon wieder der Wecker. Die letzten Tage waren für meine Schlafbilanz nicht gut, aber ich wollte den ersten Bus zum Parque National los Glaciares mit dem berühmten Perito Moreno Gletscher erwischen. Nicht der größte der umliegenden Gletscher, aber vermutlich der am besten touristisch erschlossene und zugängliche. Auf Stegen kommt man ganz nah ran an die Abbruchkante und man kann die Kraft des sich bewegenden Gletschers hören. Ein stetiges Knacken, Knallen und Donnergrollen, je nach größe der abbrechenden Stücke. Obwohl ich auf meiner Reise schon andere Gletscher gesehen hatte, hat sich der Ausflug trotzdem gelohnt. Das Geräusch des kalbenden Gletschers, das weit aufspritzende Wasser, wenn ein Stück Eis hinabstürzt und die Nähe zur 55m hohen Gletscherzunge des 14 km langen Eisfeldes waren doch sehenswert.
Mittlerweile bin ich in El Chaltén angekommen, werde morgen vielleicht noch eine kleine Wanderung zum Fuße des Cerro Torre unternehmen und mich dann auf den beschwerlichen Weg über die Grenze nach Chile machen. Aber das ist eine neue Geschichte. Bis zum nächsten Mal- dann vermutlich aus Chile vom Südende der Carretera Austral
Hello Niko – gut dass ich wieder von dir hoerte! Die Gletscherwelt sieht
ja fantastisch aus! ein Glueck dass du freundliche Menschen triffst und
ihr Vergnuegen habt. Ihr seid ja richtige „road warriors“ geworden
Weiterhin viel Spass!
Ciao – Rainer
You have to do trecking in el chalten !!! To laguna de los tres ! And to glaciar torre !!
I went to Laguna Torres today. It was great. Perfect sunshine. Perfect day. Tomorrow I will head out to Villa O’Higgins.
„Irgendwo im Nirgendwo“ könnte ja durchaus ein Synonym für weite Teile deiner Reise sein… Wir wünschen dir, dass du dabei weiterhin immer „Irgendwo“ auf nette Menschen triffst, die dir das Reisen ein wenig erleichtern und an die du gute Erinnerungen haben wirst!