Ich nehme das Huhn da!

 

 

Schon wieder so viel erlebt, so viel gesehen, so viel Zeit vergangen und diese eigentlich auch wieder so viel zu schnell. All das Erlebte in einen Bericht zu pressen fällt wieder unglaublich schwer, aber ich möchte mich heute kurz fassen.

Buenos Aires: Mega City am Rio de la Plata. Die Zeit im Hotel habe ich genossen. Jeden Tag frisch gemachte Betten, umfangreiches Frühstücksbuffet und guter Service. Die Stadt selber? Es fehlen echte Sehenswürdigkeiten. So bleibt einem durch die verschiedenen Viertel zu streifen und die Atmosphäre zu atmen. In Buenos Aires leben und arbeiten die Menschen und gehen abends aus. Gerade das lässt die Stadt aber auch authentisch wirken, weniger touristisch als andere Großstädte. P1350213
Tango: Jeder denkt bei Buenos Aires direkt an Tango. Viele Reiseführer behaupten er sei an jeder Ecke präsent und abends tanzen die Leute auf der Straße. Ja- der Tango ist präsent. Auf den Fußgängerzonen und in den Straßen rings um das Zentrum versuchen Makler Tickets für Tangoshows zu verkaufen. Tangodarbietungen für Touristen, die nach Buenos Aires kommen um Tango zu sehen. Sicherlich gute Unterhaltung, aber nicht authentisch. Wenn man aber den wirklichen Tango sehen möchte, muss man eine der Milongas besuchen. Regelmäßige Tanztreffs. Vor allem an den Wochenenden, aber irgendwo findet auch unter der Woche immer eine Milonga statt. Hier tanzen die Portenos, wie sich die Einwohner der Hafenstadt nennen. Tango ist ein Tanz, der auch bei jungen Leuten immer beliebter wird, in Wahrheit aber nur von einem kleinen Teil der Portenos getanzt wird. Einen Abend möchte auch ich mich hier versuchen. Den Abend beginne ich mir einer Tanzstunde, die mir viel Freude bereitet und im Anschluss geht es auf eine Milonga in der Nachbarschaft. Natürlich verirren sich auch hier einige Touristen her, die ähnlich wie ich den richtigen Tango suchen. Die Tanzfläche selber ist dann aber fest in Hand der Einheimischen, die gekonnt und elegant über das Parkett gleiten. Ich bleibe sicherheitshalber am Rand sitzen und genieße als Zuschauer. Ich bin fasziniert von der gespannt subtilen Erotik des Tanzes, von der Innigkeit und Hingabe, von der Leidenschaft mit der die Paare über die Fläche gleiten, ohne dass man als Außenstehender zu sagen vermag, ob beide nur eben für einen Tanz zusammengefunden haben, oder ob sie auch im wahren Leben zusammen gehören. An meinem letzten Abend in Buenos Aires besuchte ich noch eine Vorstellung von Don Quijote, el Sonador de la Mancha. Ein klassisches Ballett, das seine Premiere im Jahr 2000 in Stuttgart feierte. Die Aufführung fand im Teatro Colon statt, ein Opern und Schauspielhaus von Weltrang, das neben hervorragendem Orchester und Künstlern auch ein wunderschönes Ambiente bietet.

Nach dieser Woche Entspannung sitze ich wieder auf dem Rad. Es geht am Rio de la Plata entlang, dessen Mündungsdelta schon die Ausmaße eines Meeres hat, in Richtung Nord- Westen. Erst nach 70 km sehe ich den ersten kleinen Abschnitt unbebauter Fläche. Später biege ich in Richtung Nord- Nord- Ost ab. 150 km geht es topfeben durch Sumpfgebiete und große, überflutete Flächen. Rechts und links der Straße nur Wasser. Ein Großteil des Wassers stammt wohl noch von einer Überflutung von vor 3 Monaten. Immerhin die Nächte sind kalt und so gibt es keine Mücken mehr. Ich kreuze nach Uruguay und fahre in ständigem Auf und Ab durch nun trockeneres, intensiv landwirtschaftlich genutztes Gebiet. Auch immer mehr Palmen säumen meinen Weg. Nach einer kurzen Schnupperrunde durch Brasilien von Bella Union bis Uruguaiana komme ich wieder zurück nach Argentinien. An diesem Grenzübergang wird von einer übereifrigen Grenzerin mein komplettes Gepäck auseinander genommen, da sie meine Geschichte für nicht glaubwürdig hielt, dass ich seit über 4 Monaten mit dem Fahrrad unterwegs sei. Außerdem fand sie es höchst verdächtig, dass ich so häufig die Grenze zwischen Argentinien und Chile überquert habe anstatt jedes Land nacheinander zu bereisen. Alles Erklären und Diskutieren half leider nichts und so musste ich meine Taschen auspacken. Durch diese Zeitverzögerung konnte ich mein Tagesziel nicht mehr erreichen. Auf der Abkürzung die ich nahm um etwas Zeit gut zu machen, die sich dann aber als teils weiche Sandpiste herausstellte, wurde ich am Abend von einem Bauern eingeladen mein Zelt neben seinem Haus aufzustellen. P1350501Erst gab es mal wieder ein paar Becher Mate und dann wurde ich gefragt, was ich zum Abendessen gerne essen würde. Scherzhaft zeigte ich auf eines der Hühner im Garten. Doch das Huhn hatte Glück. Es blieb verschont und statt dessen wanderte einer der Hähne in den Kochtopf. So ein frisches Hähnchen hatte ich noch nie und lecker war es auch. Mein Gastgeber bereitete extra für mich einen traditionellen Eintopf mit eben jenem Hahn, Maniok, Süßkartoffel und Reis zu. Eine herausragende Gastfreundschaft und ein tolles Erlebnis. Vielen Dank! Da mein Gastgeber gleichzeitig auch noch eine Bäckerei betrieb, in der er täglich immerhin 350 kg Mehl verarbeitete, gab es am nächsten Morgen noch frisches Brot mit auf den Weg, das, wie so oft hier üblich, in einem holzbefeuerten Ofen gebacken wurde.

Weiter im Norden nun ging es wieder in ständigem Auf und Ab achterbahnartig durch die Provinz Missiones, leider auch mit viel Regen durch schwül warmen Regenwald in Richtung Iguazu. Auf diesem Abschnitt habe ich öfter wieder im Hotel geschlafen, da bei dem Klima keine Aussicht bestand das Zelt wieder trocken zu bekommen. Selbst die Hotelzimmer waren nicht wirklich trocken und die Bettwäsche war immer klamm. So wurde natürlich auch die Kleidung nicht mehr trocken und ich stieg jeden Morgen wieder in meine feuchte Radbekleidung. Nicht angenehm und von den geruchlichen Auswirkungen möchte ich hier gar nicht erst sprechen. Immerhin habe ich hier neben unzähligen bunten Schmetterlingen auch meinen ersten Tukan gesehen. P1350783
Einen Grünschnabeltukan. Eine weniger bekannte Art als der Toco Tucan, aber prachtvoll bunt und wunderschön anzuschauen, weshalb er auch den alternativen Namen Bunttukan trägt. Missiones ist auch Zentrum des Mateanbaus und so komme ich an vielen Tee und Mateplantagen vorbei. Auch eine Matefabrik besuche ich entlang des Weges, wo ich zwar leider nicht viel über den Mateanbau lernte, aber immerhin zwei Pakete mit Teebeuteln mit Mate als Geschenk mit auf den Weg bekam. Weiter entlang der Straße durch Regenwald, am Wegesrand wachsen teilweise Maniok, Bananen, Mandarinen und Papaya, erreiche ich Iguzu.

Endlich angekommen. Permanentes Dröhnen der donnernden Wassermassen die hier herunterrauschen. Das Ganze auf einer Länge von 2,8 km. Ein beeindruckendes Naturschauspiel, das seines gleichen sucht. Stege, die unmittelbar über und mitten zwischen die Wasserfälle führen. Man wird auf jeden Fall nass (und die Kamera auch :-/ ) und erlebt die Fälle hautnah.P1360345 Der Umweg von 3000 km hat sich auf jeden Fall gelohnt. Leider hatte ich aus fotographischer Sicht etwas Pech was die Lichtbedingungen angeht, aber ich denke die Fotos können zumindest einen kleinen Eindruck davon vermitteln, was mit Worten nur schwer zu beschreiben ist.

Soweit also die Kurzfassung. Auch auf dieser Etappe von Buenos Aires nach Iguazu gab es wieder viele nette Begegnungen und kleine Geschenke, die die Tour so bereichern, über die im Detail zu berichten ich aber verzichte, um den Umfang meiner zugegebenermaßen ohnehin schon nicht kurzen Berichte nicht weiter auszudehnen.

Der nächste Stopp wird Rio de Janeiro sein, bevor es dann endgültig wieder zurück auf meine ursprüngliche Route über Argentinien nach Chile und weiter nach Bolivien geht. Bis dahin- alles Gute und wie immer viel Spaß mit den Fotos! Diesmal 86 an der Zahl.

 

3 thoughts on “Ich nehme das Huhn da!”

  1. Iguazu falls! One of the Best natural places in the World !

  2. Hello Niko – bin froh dass ich wieder von dir hoere und
    dass es dir gut geht. Dein grosse Abenteuer ist ja
    phantastisch! Ein Glueck dass du immer wieder gute
    Menschen triffst – das beruhigt mich. Gute Fahrt!
    Ciao – Rainer

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