Der Sündenfall

 

In der Nacht hat es kräftig angefangen zu regnen. Noch immer prasseln die schweren Tropfen vom Himmel und es kostet Überwindung aus dem Zelt zu kriechen. Doch dann genieße ich das warme Wasser auf der Haut und lasse mich so richtig durchweichen. Sonnenstrahlen durchbrechen immer wieder die Wolkendecke und lassen die dicken Tropfen glitzern, die noch immer wie an einer Perlenschnur vom Himmel fallen. Mittlerweile sind meine Fingerbeeren schrumpelig vom Wasser doch die wärme tut richtig gut. Schon eine halbe Stunde stehe ich unter der heißen Dusche des Campingplatzes und beobachte die groteske Szenerie P1070670von Sonne und Dauerregen durch das Fenster. Eigentlich hätte ich heute weiterfahren wollen, nachdem ich schon vorgestern auf dem Campingplatz in Cohyaique angekommen war. Und noch immer wurmt es mich ein wenig wie ich hier angekommen bin. Bei gutem Wetter habe ich das Dorf Cochrane verlassen, wo ich am Vortag noch dem Dorffest beiwohnte, frisch gegrilltes Lamm und Rind gegessen hatte, wo wagemutige Jung- Gauchos sich beim Rodeo maßen und die Männer des Dorfes ihr Geld in Wetten bei einem Glücksspiel setzten, dessen Regeln ich trotz Erklärung nicht im Ansatz verstanden habe. Das alles bei herrlichem Sonnenschein und entspannter Atmosphäre. Die Unterkünfte der Stadt waren Aufgrund dieses lokalen Großereignisses, das Alt und Jung aus der ganzen Region anzog, alle ausgebucht. Nach längerer Suche fand ich dann doch noch ein Hostel, dass mir anbot im Nebengebäude, dass noch nicht fertig ausgebaut war in einer Kammer zu übernachten. Ohne Tür, aber dafür zum halben Preis inklusive Frühstück. Die Landschaft führte nun durch trockenere Gebiete mit spärlicherem Bewuchs aus Büschen, Sträuchern und trockenem Gras. An einem azurblauen Fluss fand ich die perfekte Unterkunft. Fast… Nachdem die versteckte Schutzhütte ausgekehrt und wohnlich eingerichtet war bemerkte ich, dass ich nicht alleine war. Zwei Mitbewohner waren schon vor mir da. An der Decke hingen zwei FledermäuseP1070812, die von Hygiene im Haus nicht so viel hielten wie ich und das, was ich beim Auskehren meiner Behausung für Mäusekot gehalten hatte waren in Wirklichkeit die Hinterlassenschaften dieser flugfähigen Säuger. So zog ich dann doch vor mein Zelt im Wald aufzubauen.

Durch weiter sehr hübsche, bergige Landschaft führte der Weg zum türkisblauen See General Carrera, immerhin zweitgrößter See Südamerikas und mehr als drei Mal so groß wie der Bodensee, und an dessen Ufern entlang bis zu den bekannten Marmorhöhlen. Hierbei handelt es sich eigentlich weniger um echte Höhlen, als vielmehr um durch den See ausgewaschene Unterspülungen der Kalksteinküste. Durch die Wellenbewegung des Sees entstanden so über viele tausend Jahre langsam höhlenartige Bereiche mit kunstvoll geschwungenen, gelb-grau-bläulichen Marmorierungen, deren bizarr- kunstvolles Erscheinungsbild durch den Schimmer des türkisfarbenen Wassers bei richtigem Sonnenstand noch verstärkt wird. Mit kleinen Motorboote kann man dann in diese „Höhlen“ hineinfahren und sich von den Formen und Farben verzaubern lassen. Für den günstigen Preis der Tour auf jeden Fall den Ausflug wert, zumal ich dies sozusagen im Vorbeifahren

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„Marmorhöhlen“ am See General Carrera

mitnehmen konnte.

 

Kaum zurück von der Bootstour zogen bedrohlich dicke, dunkle Wolken auf. Die drei Franzosen, mit denen ich mir das Boot geteilt hatte boten mir an mich für einen Tagesausflug mit in einen nahen Nationalpark zu nehmen. Dazu sagte ich aufgrund der Wetteraussichten dann nicht „nein“ und so genoss ich einen Tag im Pickup, unterwegs mit Picknick und Wein am Wasserfall und der Regen blieb draußen. Die Sicht war durch die tief hängenden Wolken allerdings auch nicht besonders. Zurück im Ort teilten wir uns am Abend ein Hotelzimmer. Da das Wetter am nächsten Tag immer noch kalt- nass war und 100 Meter über uns die Schneefallgrenze an den Hängen zu sehen war, nahm ich das Angebot der französischen Gruppe an die 120 km bis zur nächsten Ortschaft mitzufahren. Froh im warmen Auto zu sitzen und diese schlechte Piste bei diesem Sauwetter nicht selber fahren zu müssen beobachtete ich die trist wirkende Landschaft. Unplanmäßig dann allerdings blieb keine Zeit im nächsten Ort auszusteigen, da wir sehr spät dran waren und der Pickup zurückgeben werden musste. So kam es, dass ich anstatt der geplanten 120 km am Ende noch zusätzlich 94 km auf bestem Asphalt versäumte, die ich sehr gerne selber gefahren wäre. Ich hoffe, dass mir dies als Lehre im Gedächtnis bleibt nicht mehr der Bequemlichkeit so schnell nachzugeben, auch wenn es für den Moment so angenehm und leicht ist. Natürlich ist es auch kein Drama, aber zumindest im Moment habe ich doch noch den Ehrgeiz die gesamte Strecke am Ende, soweit möglich, aus eigener Kraft zurückgelegt zu haben.

 

9 thoughts on “Der Sündenfall”

  1. Dieses unfassbare Türkis und Blau der Seen und Flüsse!!!

  2. Bin faziniert von den Hölen, der helle Wahnsinn. Fedrmäuse sind doch niedlich. stinken und machen einen heidenlärm

  3. Lieber Nico, bin beeidruckt von diesem super Blog und lese fleißig mit, in meinen Kinderfreien Momenten (meist wenn sie schlafen). Weiter so.

    1. Danke! Freut mich, dass dir die Beiträge gefallen! Werde versuchen regelmäßig dran zu bleiben. Liebe Grüße

  4. Hallo Niko, mit Spannung verfolgen wir Deine Berichte über diese außergewöhnliche Reise. Dass Du diese Reise unternimmst, hat unsere volle Bewunderung. Wir freuen uns, dass Deine Mühen immer wieder durch tolle Begegnungen und landschaftliche Highlights belohnt werden. Mitunter kommt bei uns die Lust auf, auch dorthin zu reisen. Natürlich am liebsten in einer Sänfte. Erzähl weiter mit ebenso so tollen Fotos. Solltest Du noch ein wenig Platz im Gepäck haben, dann nimm unsere besten Wünsche mit für weiter super Erlebnisse, unplatte Reifen und einen aufmerksamen Schutzengel.
    Anno und Margret

    1. Vielen Dank für eure lieben Wünsche! Den Platz habe ich noch frei.

  5. Hello Niko – deine Reise verfolgen wir mit grossem
    Interesse.Herrliche Landschaften! Gute Weiterfahrt!
    Ciao Rainer

  6. Lieber Nico, dieses Türkis ist so schön. Eigentlich allgemein deine Fotos. Es ist immer interessant, dein Blog zu verfolgen. Da bekommt man richtig Lust hinzureisen und diese beeindruckende Landschaften selber mal in Echt zu sehen. Viel Spaß weiterhin. Liebe Grüße von uns beiden.

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